Gleich zwei Pilgerwege, der Jakobsweg in
Bayerisch-Schwaben und der Crescentia-Pilgerweg, kreuzen sich in Ottobeuren.
Während nur wenige Kilometer südlich von Ottobeuren die östlichen und
westlichen „Wege der Jakobspilger“ in Schwaben zusammentreffen, ist der 2003
neu geschaffene Crescentia-Pilgerweg dem Gedenken an Maria Crescentia Höss gewidmet.
Die Ordensfrau aus
Kaufbeuren wurde 2001 als erste Deutsche im dritten Jahrtausend heiliggesprochen.
Zwei lokale Pilgerwege, der Ulrichsweg und der Marienweg, durchziehen den
Kneipp-Aktiv-Park nahe der Basilika und finden als sichtbare Zeichen des
Glaubens ihren Abschluss an der Lourdes-Grotte und auf dem Kalvarienberg. Hier
hat der Künstler Franz Höchstötter die Motive des Rosenkranzes bildhauerisch
interpretiert.
Eine Informationsbroschüre zu den Pilgerwegen gibt es im
Touristikamt Ottobeuren, Telefon +49 (0)8322 921950.
Der Jakobsweg, auch Jakobusweg, ist der bekannteste Pilgerweg der Welt. Er wurde 1987 vom Europarat zur ersten europäischen Kulturroute erklärt. Die „Straße“ ist dem Zusammenwachsen der Völker Europas gewidmet und umfasst alle historischen und gegenwärtigen „Wege der Jakobspilger“ auf dem Kontinent. In Schwaben orientiert sich der Jakobsweg an historischen Routen und auch an den neuzeitlichen Erfordernissen der Pilger, die in Hospizen und Klöstern Unterkunft finden und Verpflegung erhalten. Größere Orte oder Kreuzungspunkte wie Ottobeuren, von wo aus sich einzelne Menschen und auch Gruppen der Jakobspilger auf den Weg nach Spanien begeben, sind seit jeher von großer Bedeutung. Ihre Orientierungshilfe ist die Jakobsmuschel, mit der die „Wege der Jakobspilger“ durch ganz Europa gekennzeichnet sind. Sie ist auch in Ottobeuren zu finden.
Das Pilgerwesen erlebt aktuell eine Renaissance. Immer mehr Menschen greifen die Tradition einer inneren Einkehr auf der Wanderschaft auf, um der eigenen Religiosität sprichwörtlich Schritt für Schritt wieder Bodenhaftung zu verleihen.
Namensgeber des Jakobswegs ist der Heilige Jakobus der Ältere, der angeblich in Santiago de Compostela bestattet ist. Nach christlicher Überlieferung war er der erste Missionar auf der iberischen Halbinsel und erlitt im Jahr 44 n.Chr. in Jerusalem als erster Apostel das Martyrium.
Wie die Legende weiter berichtet, landeten seine Gebeine auf wundersame Weise wieder in Spanien und wurden in einem Ort namens Compostela bestattet. Dort wurde zu Beginn des 9. Jahrhunderts ein frühchristliches Grab gefunden und dem Apostel zugeschrieben, weshalb sich schon seit dem frühen Mittelalter Pilger aus ganz Europa nach Santiago de Compostela aufmachten. Die Hauptstadt Galiziens wurde in der Folgezeit neben Rom und Jerusalem zur drittwichtigsten Wallfahrtsstätte der Christenheit.
Hauptquelle der Jakobusverehrung ist ein Pilgerführer aus dem 12. Jahrhundert, das Jakobsbuch (Liber Sancti Jacobi), das in Frankreich vier Wege beschreibt, die sich nahe der Pyrenäen zu einem Strang vereinen. Von dort verläuft der Jakobsweg auf seiner Hauptroute durch Nordspanien entlang der hochmittelalterlichen Handelsstraße zwischen den Königsstädten Jaca, Pamplona, Estella, Burgos und León. Diese Strecke gilt als der eigentliche Jakobsweg. Die Zweige aus ganz Europa, die nach den Pyrenäen hier zusammenlaufen, werden die „Wege der Jakobspilger“ genannt.
Der Heiligen Crescentia von Kaufbeuren zu Ehren wurde im Juni 2003 im Unterallgäu ein neuer Pilgerweg geschaffen. Der „Crescentia-Pilgerweg“ verbindet mit Ottobeuren und Kaufbeuren zwei Stätten, zwischen denen die Klosterfrau im 17. Jahrhundert selbst gewandert ist. Eine umfangreiche Korrespondenz in der Klosterbibliothek der Abtei Ottobeuren zeugt von ihrem vertrauensvollen Kontakt mit dem Benediktinerkonvent.
Die besonders reizvolle Fußreise auf dem Pilgerweg von Kaufbeuren über Irsee und Markt Rettenbach nach Ottobeuren kreuzt den Günztal- und Kneippradweg. Der insgesamt 88 Kilometer lange Rundweg führt von Kaufbeuren über Ottobeuren und Mindelheim zurück an den Ausgangspunkt, das Kloster der „Terziarinnen der Franziskaner-Observanten in Kaufbeuren in Bayern“, heute synonym auch Crescentia-Kloster genannt. Der Rundweg ist besonders geeignet für Pilger, die mit dem Fahrrad unterwegs sind, einzelne Etappenziele sind auch bequem mit dem öffentlichen Nahverkehr zu erreichen.
Neben der religiösen Erbauung ist der Rundweg seit einem Jahrzehnt auch aus kunsthistorischer Sicht von überregionaler Bedeutung und als eine mit den Schönheiten der Natur verwöhnte Fahrradausflugsroute beliebt. Ein Dreiklang an Sinneseindrücken verbindet die malerische und vielgestaltige Allgäuer Voralpenlandschaft mit außerordentlichen Kunst- und Bauwerken entlang des Weges und der nachhaltigen Erfahrung, auf den Spuren der Heiligen Crescentia zu innerer Einkehr zu gelangen.
Eine Informationsbroschüre und die Wanderkarte zum „Crescentia-Pilgerweg“ sowie der Pilgerstempel sind im Touristikamt Ottobeuren erhältlich.